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Samstag, 7. Februar 2015

Mittelbare Widerstandserwärmung in Industrieöfen

Dr.-Ing. Olaf Irretier, Industrieberatung für Wärmebehandlungstechnik IBW Dr. Irretier




1.         Einführung

In jedem stromdurchflossenen Leiter wird aufgrund seines Widerstandes elektrische Energie in Wärme umgewandelt. Während dieser Effekt bei der Energieübertragung zu Verlusten führt und daher nach Möglichkeit unterdrückt wird, kann er durch zweckentsprechend konstruierte Geräte zur Erwärmung nutzbar gemacht werden. Dabei kann der Strom durch das zu erwärmende Gut selbst oder aber in sogenannten Heizelementen fließen. Im vorliegenden Beitrag wird der zweite, als mittelbare Widerstandserwärmung bezeichnete Fall, beschrieben.
Bei den Heizelementen handelt es sich um elektrische Leiter, die so konstruiert sind, daß von ihnen ein Maximum an Wärme freigesetzt wird. Diese wird durch Wärmeübertragung dem zu erwärmenden Gut zugeführt. Die Erwärmung erfolgt definitionsgemäß also mittelbar, die Wärme wird außerhalb des Gutes erzeugt und gelangt über dessen Oberfläche in das Werkstückinnere.
Die mittelbare Widerstandserwärmung erfolgt in der Regel in Öfen. Bild 1 zeigt eine Heizleiterwendel, die in widerstandsbeheizten Industrieöfen zum Einsatz kommt.

Bild 1:  Heizleiterwendel (Foto Kanthal)

Bild 2 zeigt einen Kammerofen zum Brennen keramischer Produkte. An den Ofenwänden und in der Tür sind die Heizelemente erkennbar. In Bild 3 ist ein Rohrofen dargestellt, der in Labor und Produktion für eine Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden kann.

Bild 2:  Heizelemente in einem Industrieofen (Foto)

Bild 3:  Heizmodule (Foto)

2             Physikalische Grundlagen der Widerstandserwärmung

2.1       Prinzip

Die Wärmefreisetzung in einem stromdurchflossenen Leiter wird durch das Joulesche Gesetz beschrieben:

W = R · I² · t = (U² / R) · t

Darin ist R der elektrische Widerstand des Leiters, I die Stromstärke im Leiter, U die elektrische Spannung, die über dem Leiter abfällt und t die Zeit, in welcher der Stromfluß stattfindet. Die freigesetzte Wärmemenge kann also zunächst über die Größen Strom bzw. Spannung sowie die Erwärmungsdauer beeinflußt werden. Daneben hängt sie jedoch auch vom elektrischen Widerstand R des Leiters ab, der durch die Gleichung

R = (r · l) / A

beschrieben werden kann. Hierin sind l die Leiterlänge, A der Leiterquerschnitt und r der spezifische elektrische Widerstand des Leiters. Letzterer ist eine Stoffeigenschaft, die vom Leitermaterial abhängig ist. Zudem hängt der spezifische elektrische Widerstand eines Materials auch von dessen momentaner Temperatur ab und steigt mit dieser an. Heizelemente bedürfen daher einer regelbaren Spannungs- bzw. Stromversorgung, um eine bestimmte gewünschte Wärmemenge und damit Temperatur auch bei verschiedenen Betriebstemperaturen der Elemente realisieren zu können.
Entsprechend den genannten Beziehungen und Stoffwerten werden Heizelemente konstruiert und hergestellt, die die Basis für die mittelbare Widerstandserwärmung darstellen. Die Heizelemente werden in einen Ofenraum eingebaut, in dem das zu erwärmende Gut untergebracht wird. Die Wärmeübertragung f von den Heizelementen auf das zu erwärmende Gut erfolgt dabei durch drei verschiedene Mechanismen: Wärmeleitung, Konvektion und Strahlung. Je nach Art der Betriebsbedingungen können unterschiedliche Anteile der drei Übertragungsarten auftreten.
Die Wärmeübertragung durch Leitung fL stellt in Festkörpern den Hauptübertragungsmechanismus dar. Sie hängt neben der Geometrie des Wärmeleiters vor allem von dessen Wärmeleitfähigkeit und der Temperaturdifferenz zwischen den im Wärmeaustausch stehenden Bereichen ab:

fL = DT · l · A/L;

mit DT = Temperaturdifferenz, l = Wärmeleitfähigkeit, A = Querschnittsfläche, L = Materiallänge.
Konvektion findet in Fluiden statt, wobei die Wärme mit dem Fluidstrom vom Ort der höheren an den Ort der niedrigeren Temperatur transportiert wird. Die durch Konvektion übertragbare Wärmemenge wird von der Geometrie der im Wärmeaustausch stehenden Oberflächen, der Temperaturdifferenz zwischen beiden sowie den stofflichen Eigenschaften des übertragenden Fluids bestimmt:

fK = DT · a · A;

mit DT = Temperaturdifferenz, a = konvektiver Wärmeübergangskoeffizient, A = Querschnittsfläche, L = Materiallänge.
Der Mechanismus der Wärmeübertragung durch Strahlung zeichnet sich vor den beiden zuerst erläuterten vor allem dadurch aus, daß die übertragbare Wärmemenge hier weit überproportional mit der Temperatur der abgebenden Oberfläche wächst Boltzmann-Gesetz). Zu höheren Temperaturen hin nimmt daher der Anteil der Strahlung an der gesamten übertragenen Wärmemenge stark zu. Die Strahlung beruht auf einer elektromagnetischen Wellenausbreitung und bedarf daher keinerlei Materie zwischen den im Strahlungsaustausch stehenden Flächen. Dies macht sie im Vakuum zur einzigen wirkenden Wärmeübertragungsart:

fS = A · e · s · T4

mit A = Querschnittsfläche, e = Emissionsgrad, s = Strahlungskonstante, T = Temperatur in K

2.2       Erwärmung durch Heizelemente
Die in Industrieöfen eingesetzten Heizelemente unterscheiden sich vor allem in Form und Material. Letzteres bestimmt die maximale Anwendungstemperatur. Heizleitermaterialien lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen: metallische und keramische.
Zu den metallischen Heizleiterwerkstoffen gehören die seit langem genutzten Chrom-Nickel-Legierungen (CrNi), die bis etwa 1200°C verwendbar sind, ferritische Chrom-Eisen-Aluminium-Legierungen (CrFeAl) für Temperaturen bis 1400 °C und die reinen Metalle Molybdän (Mo) und Wolfram (Wo), die bis über 1400 °C unter Schutzgas betrieben werden.
Zu den keramischen Heizleiterwerkstoffen gehören Siliziumkarbid (SiC), das bis 1600 °C verwendet wird, Molybdändisilizid (MoSi2) für Anwendungstemperaturen bis 1850 °C und Graphit. Letzterer kann nur in reduzierenden und inerten Atmosphären sowie im Vakuum eingesetzt werden, hier allerdings bis 3000 C. In Bild 4 sind die Anwendungstemperaturen der Heizelemente im Überblick dargestellt.

Bild 4:  Anwendungsgrenztemperaturen von Heizelementen
Neben dem Material unterscheiden sich Heizelemente durch ihre Form. Metallische Elemente werden aus Drähten oder Bändern in verschiedenen Durchmessern und Breiten hergestellt. Metallelemente zeichnen sich durch ihre mechanische Robustheit aus, sind einfach zu regeln und preiswert. Sie können frei aufgehängt werden, auf Unterstützungskonstruktionen gelagert oder aber in Träger eingebettet werden. In Bild 5 ist ein metallisches Heizelement dargestellt.

Bild 5:  Bandheizelement aus Metall (Foto Kanthal)
Neben Wendeln, Schlangen etc. sind viele weitergehend auf den Verwendungszweck zugeschnittenen Elemente erhältlich. Bild 6 zeigt eingebettete Elemente in vorgefertigten Fasermodulen, mit denen sehr schnell und einfach Öfen (z.B. Rohröfen) aufgebaut werden können.

Bild 6:  CrFeAl-Elemente für Rohröfen (Foto Kanthal)
In Bild 7 ist eine Heizpatrone (Rohrheizkörper) dargestellt, bei der der Heizleiter in einen Mantel aus Stahl einlassen ist. Mit solchen Heizpatronen können Flüssigkeiten oder Gasströme o.ä. beheizt werden.

Bild 7:  Heizpatrone (Foto Kanthal)
Keramische Heizelemente werden in Standardausführungen hergestellt. Allgemein erfordern keramische Elemente eine aufwendigere Regelung als metallische. Zudem sind sie mechanisch vergleichsweise empfindlich. Für den Einbau keramischer Elemente stehen Systeme zur Verfügung, das ihnen eine große Breite möglicher Anwendungen sichert. Der Hauptvorteil der keramischen Elemente liegt in den hohen Anwendungstemperaturen.
SiC-Elemente sind als Rohrelemente und als Stäbe verfügbar. Neben Stabelementen sind mehrschenklige Ausführungen für Mehrphasenanschluß erhältlich. Für solche Elemente werden mehrere einfache Stäbe an einem Ende durch einen kurzen Querstab zusammengefügt.
Molybdändisilizidelemente kommen vor allem bei Hochtemperaturanwendungen zum Einsatz. Sie erfordern spezielle, meist hängende Einbauweisen, da sie im Betrieb erweichen. Neben der hohen Anwendungstemperatur weisen sie eine lange Lebensdauer auf (siehe Bild 8).

Bild 8:  Molybdändisilizid-Heizelement
Um eine möglichst lange Lebensdauer der Heizelemente zu erzielen, muß deren maximal zulässige Elementtemperatur eingehalten werden. Die Elementhersteller geben hierfür einzuhaltende Richtwerte für zwei Kenngrößen, die Elementbelastung und die Wandbelastung, vor. Die Elementbelastung ist die Leistungsdichte auf der Elementoberfläche. Grundsätzlich wächst die maximale Leistungsdichte an der Elementoberfläche nach dem Gesetz von Stefan-Boltzmann mit der vierten Potenz der Temperatur. Praktisch wird sie durch Rückstrahlung von den Ofenwänden und vom Erwärmungsgut stark begrenzt. Die Wandbelastung ist die auf die Wandfläche des Ofens konzentrierte Leistungsdichte. Für eine richtige und gleichmäßige Temperaturverteilung im Ofen müssen ausreichende Wandflächen zur Verfügung stehen. Die zulässigen Werte für die Element- und Wandbelastung sinken mit zunehmender Ofentemperatur. Zudem hängen sie von der Art und Anordnung der Heizelemente ab.

2.3      Energetischer Wirkungsgrad

Die Wirtschaftlichkeit eines thermischen Prozesses hängt im wesentlichen vom energetischen Wirkungrad der Wärmebehandlungsanlage ab. Die dem Prozeß zugeführte Energie sollte nach Möglichkeit direkt zur Bauteilerwärmung führen. Bei konventioneller Erwärmung (Leitung, Strahlung, Konvektion) erwärmt sich jedoch auch immer das umgebene System, der Industrieofen. Außerdem sind bei der energetischen Bilanzierung die Verlustwärmemengen zu berücksichtigen.
Wärmedämmstoffe haben, wie die Bezeichnung bereits ausdrückt, in Industrieöfen das Ziel, die nicht dem Bauteil zugeführte Wärme, d.h. den Wärmeverlust, zu verringern. Nach der Energiebilanz setzt sich die dem Prozeß zugeführte Gesamtwärmemenge Qges aus der Summe der Wärmemenge die dem Bauteil zugeführt wird Q1, der in der Ofenwandung gespeicherten Wärmemenge Q2 und der Durchgangswärmemenge Q3 zusammen.
Die Speicherwärme Q2 ergibt sich durch folgende Gleichung:

Q2 = m · Tm · c,

mit m = Masse Isolierung, Tm = mittl. Wandtemperatur, c = spez. Wärmekapazität (c ~ 1,1 kJ/kg K)
Die mittlere Wandtemperatur kann im wesentlichen nicht beeinflußt werden. Sie ist abhängig von der Wärmeleitfähigkeit der Isolierung und vom Wandaufbau. Auch ist die spezifische Wärmekapazität für Wärmedämmstoffe annähernd konstant, so daß die Speicherwärme nur über die Masse, d.h. die Dichte des Materials beeinflußt und gegebenenfalls reduziert wird. Feuerleichtsteine und Fasermaterialien weisen aufgrund Ihrer Porosität Dichten auf, die zum Teil deutlich unterhalb von 1 kg/dm³ liegen (Bild 9). Schamottesteine hingegen haben aufgrund ihrer Dichte von etwa 2 kg/dm³ ein großes Wärmespeichervermögen und sind daher für den Einsatz in Industrieöfen ungeeignet. Sie dienen lediglich dem Kachelofen als Speichermedium für die Raumbeheizung!

Bild 9:  Dichte von Wärmedämmstoffen
Wärmedämmstoffe besitzen in der Regel eine Porosität von mehr als 40 %, in der Ofenbaupraxis üblicherweise 60 bis 90 % und in Ausnahmefällen bis zu 99 %. Beim Einsatz in Industrieöfen ist darauf zu achten, daß eine hohe Porosität zwar eine geringe Speicherwärme und auch eine geringe Wärmeleitfähigkeit bedeutet, aber auch eine niedrige mechanische und chemische Beständigkeit zur Folge haben kann.
Die Durchgangs- oder Verlustwärmemenge wird durch die folgende Gleichung beschrieben:

Q3 = l · A · DT /d,

mit l = Wärmeleitfähigkeit, A = Querschnittsfläche, DT = Temperaturdifferenz Ofen innen/außen, d = Dicke Isolierung

Die Verlustwärmemenge kann durch Wahl geeigneter Wärmedämmstoffe, die eine geringe Wärmeleitfähigkeit aufweisen, minimiert werden. In der heutigen Praxis werden u.a. Wärmedämmstoffe mit mikroporösen Strukturen (< 0,1 µm) eingesetzt, die eine um den Faktor 10 geringere Leitfähigkeit als übrige Dämmstoffe besitzen. Diese Materialien können aufgrund ihrer bis ca. 1000°C begrenzten Anwendungstemperatur jedoch nur als Hinterisolierung eingesetzt werden.
Keramische Fasern haben im Vergleich zu Feuerleichtsteinen eine mit der Temperatur ansteigende Wärmeleitfähigkeit. Bei 1000 °C wird eine Faserauskleidung wesentlich schneller durchwärmt als ein Feuerleichtstein-Mauerwerk, was bei diskontinuierlichen Öfen dazu führen kann, daß diese energetisch günstiger sind als eine Faserisolierung. Schamottesteine finden nicht nur wegen ihrer hohen Dichte sondern auch aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit keine Verwendung im Industrieofenbau – lediglich als Schamottemörtel.

Bild 10Wärmeleitfähigkeit von Wärmedämmstoffen
Die Anwendungsgrenztemperatur ist definiert als die Temperatur, bei der eine lineare Schwindung von 3 % nach 24 h Erhitzungszeit auftritt. Sie gibt die maximale Einsatztemperatur von Wärmedämmstoffen und damit auch von Industrieöfen für Normalatmosphären an. Im Hochtemperaturbereich bis 2000 °C kommen in der Regel Feuerleichtsteine oder Fasermaterialien zum Einsatz, die aus den in Bild 11 aufgeführten Materialien aufgebaut sind.
Durch Verunreinigungen in der Ofenatmosphäre können die Anwendungsgrenztemperaturen durch Bildung niedrigschmelzender Verbindungen oder Verglasung (SiO) stark herabgesetzt werden.
Auch die Temperaturwechselbeständigkeit von Wärmedämmstoffen hat einen wichtigen Einfluß auf ihre Anwendungsbereiche. Keramische Fasern halten aufgrund ihres Aufbaus und ihrer hohen Porosität auch extremen Temperaturwechselbeanspruchungen stand (Bild 12).

Bild 11: Anwendungsgrenztemperatur

Bild 12: Temperaturwechselbeständigkeit
Dem Ofenbauer obliegt in Zusammenwirken mit dem Anwender die wesentliche Aufgabe, die thermischen, mechanischen und chemischen Einflußfaktoren des thermischen Prozesses zu bewerten und eine optimale Zustellung auszuwählen. Im folgenden werden die im Ofenbau wesentlichen Wärmedämmstoffe vorgestellt und deren anwendungsgerechter Einsatz in Industrieöfen gezeigt.
Ein folgendes Beispiel zeigt, welche Auswirkungen der Isolieraufbau auf Speicher- und Verlustwärme hat: Um eine Ofenaußentemperatur von 90 °C bei einer Innentemperatur von 1400 °C zu erreichen, ist eine Isolierung durch Faserplatten von etwa 350 mm Stärke, durch Feuerleichtsteine von etwa 450 mm notwendig. Die Verlustwärme beträgt in beiden Fällen ca. 730 W/m².
Die Temperaturführung spielt bei der Wahl und energetischen Bewertung von Wärmedämmstoffen ein wichtige Rolle. Bei periodisch betriebenen Öfen ist die Wärmemenge zu berücksichtigen, die bei jedem Brand zum Aufheizen der Isolierung (Speicherwärme) notwendig ist. Materialien mit hoher Porosität führen zu einer geringen Speicherwärme und somit zu kurzen Aufheiz- und Abkühlzeiten bei gesteigertem energetischen Wirkungsgrad, da eine Isolierung aus Feuerleichtsteinen bis zu 10 mal mehr Energie in der Ausmauerung gespeichert als eine aus Faserisolierung. Bei der Auslegung kontinuierlich betriebener Öfen spielen Aufheiz- und Abkühlvorgänge keine Rolle. Wärmedämmstoffe in diesen Öfen müssen vor allem ein hervorragendes Isoliervermögen aufweisen.
Das Beispiel in Bild 13 zeigt die Notwendigkeit angepaßter Ofenauskleidungen bei unterschiedlichen Anwendungen, um einen optimalen energetischen Wirkungsgrad zu erzielen.

Bild 13: Einfluß der Ofenauskleidung auf die Wärmebilanz
Der Faserblock führt zu einer geringen Speicherwärme (Leistung) von 4180 W/m² bei einer Abwärme von 580 W/m². Eine kombinierte Feuerleichtsteinauskleidung hat den Vorteil der höheren mechanischen und chemischen Beständigkeit, der im Vergleich zur Faserblockzustellung eine um den Faktor 4 größere Speicherwärme zur Folge hat. Schwerauskleidungen führen zwar zu einer signifikanten Steigerung der Speicherwärme, reduzieren aber auch die Verlustwärme um etwa 20 %.

3          Anwendungen und Anlagenkonzepte

3.1      Prinzipieller Aufbau von Industrieöfen

Aus den vorher dargestellten Einsatzmöglichkeiten von Ofenbaumaterialien ergibt sich ein prinzipieller Ofenaufbau, wie er in Bild 14 dargestellt ist. Eine mechanisch stabile Feuerfestauskleidung zum Ofeninnenraum hin trägt die Heizelemente. Nach außen schließt sich eine Wärmedämmschicht an, die aus weniger mechanisch belastbarem Material besteht, aber über gute thermische Eigenschaften entsprechend den obigen Ausführungen verfügt. Den Abschluß zur Umgebung hin bildet ein Stahlgehäuse. In der Praxis werden oft mehrschichtige Anordnungen verwendet, die spezifische Eigenschaften verschiedener Wärmedämmstoffe, bspw. verschieden hohe Wärmeleitfähigkeiten in verschiedenen Temperaturintervallen, optimal ausnutzen.

Stahlgehäuse
Äußere und Innere Isolierung
Heizelement

Bild 14: Prinzipieller Aufbau von Industrieöfen
Wie bereits dargestellt, stehen dem Ofenbauer eine Reihe gebräuchlicher Ofenbauwerkstoffe zur Verfügung, dazu gehören Feuerleichtsteine und Formteile, Faserisolierstoffe und mikroporöse Isolierstoffe. Keramische Faserisolierstoffe weisen bei sehr geringer Dichte niedrige Wärmeleitfähigkeiten auf und erfüllen damit die oben genannten thermischen Anforderungen sehr gut. Für viele Anwendungen reicht auch ihre mechanische Stabilität aus, so daß sie die Leichtbauweise von ”schnellen”, verlustarmen Öfen ermöglichen.
Die mittelbare Widerstanderwärmung ist für nahezu alle Stoffe und Werkstückgeometrien anwendbar. Dies hat zu einer Vielzahl verschiedener Anwendungen im industriellen Bereich geführt, bei der sich eine Vielzahl verschiedener Ofentypen herausgebildet haben, die im folgenden vorgestellt werden.

3.2       Grundlegende Ofentypen

Die grundlegenden Bestandteile jeder Industrieofenanlage sind der Ofenraum mit den Heizelementen, ein Temperaturüberwachungs- und Regelgerät sowie Einrichtungen zur Energieversorgung. Hinzu kommen je nach Anwendungsfall Zusatzausrüstungen wie Schutzgasanlagen, Transportvorrichtungen etc.
Bei einem Banddurchlaufofen, wie er im Bild 15 dargestellt ist, bewegt sich ein Förderband, auf dem die Werkstücke angeordnet werden, kontinuierlich durch die Erwärmungszone. Dieser Ofen wird beispielsweise im Dauerbetrieb zum Schäumen von Aluminium eingesetzt.

Bild 15: Banddurchlaufofen (Foto)
Ein Kammerofen, gezeigt im Bild 16, kommt in zahlreichen Fällen zum Einsatz, in denen verschieden geformte Werkstücke in unregelmäßigen Abständen und u.U. auf unterschiedliche Temperaturen aufgeheizt werden müssen.

Bild 16: Kammerofen (Foto)
Bei Haubenöfen bewegt sich das Ofengehäuse komplett nach oben, wenn der Ofen bestückt werden soll. Das ermöglicht eine leichte Bestückung des Ofens auch mit sehr großen und schweren Werkstücken. In Bild 17 ist ein Haubenofen dargestellt der für Temperaturen bis 2200°C ausgelegt ist.

Bild 17: Haubenofen (Foto)
Rohröfen, in horizontaler und in vertikaler Anordnung (Bild 18), kommen häufig in Laboren zum Einsatz. Auch in der Chip- und Elektronikindustrie sind Rohröfen, mit Heizzonen in denen eine äußerst gleichmäßige Temperaturverteilung gewährleistet werden muß, zu finden.

Bild 18: Rohrofen (Foto)
Ein Durchstoßofen, bei dem die Werkstücke Schritt für Schritt durch den Ofen geschoben werden ist in Bild 19 dargestellt.

Bild 19: Durchstoßofen (Foto)
Neben den dargestellten Ofentypen gibt es noch weitere, auf spezielle Verwendungszwecke hin ausgelegte Öfen. Hierzu gehören bei den Durchlauföfen vor allem Rollenherdöfen, bei denen im Ofenboden die Rollen so angeordnet sind, daß das zu erwärmende Gut leicht durch den Ofenraum geschoben werden kann. Bei Hängebahnöfen wird das Gut an einer Förderkette aufgehängt und durch den Ofenraum gezogen. In Drehherdöfen rotiert der karussellartige Ofenboden permanent  so, daß an einer Öffnung des Ofenraumes ständig Gut entnommen und nachbeschickt werden kann, während das restliche im Ofen befindliche Gut erwärmt wird. Die Erwärmungszone von Draht- oder Banddurchziehöfen ist so ausgelegt, daß ein durchhängender zu erwärmender Draht oder ein entsprechendes Band optimal erwärmt werden.

3.3       Industrielle Anwendungen und Anlagenkonzepte

3.3.1   Keramik

Im vorliegenden Beitrag ist bereits mehrfach auf die vielfältigen Anwendungen der mittelbaren Widerstandserwärmung in der Industrie hingewiesen worden. In der Keramikindustrie kommen vor allem Brennöfen für Sanitärkeramik, Geschirr, Steinzeug und Fließen zum Einsatz. Besonders die Sauberkeit der Wärmebereitstellung, die Staubfreiheit und die fehlende Beeinflussung durch Konvektion stellen hier große Vorteile der mittelbaren Widerstandserwärmung dar, die sehr zu einer ausgezeichneten Produktqualität beitragen.

Keramische Werkstoffe sind gegenüber anderen Werkstoffen wie Metalle und Kunstoffe durch eine hohe chemische Resistenz, hohe Härte und eine daraus resultierende hohe Verschleißfestigkeit gekennzeichnet. Hohe Korrosions- und Temperaturbeständigkeit, geringe Wärmeausdehnung und Dichte erlauben eine breite Anwendung keramischer Werkstoffe. Die verhältnismäßig geringen Rohstoffkosten im Vergleich zu einer Vielzahl von Metallen und die breite Verfügbarkeit sind weitere Gründe für eine verstärkte Anwendung keramischer Werkstoffe.

Die Umwandlung loser keramischer Pulver in gebrauchsfähige, feste Funktionsteile wird bekanntlicherweise durch die thermochemischen Prozesse „Enbindern“ und „Sintern“ erreicht. Diese Prozesse stellen einen entscheidenden Schritt zur Herstellung von Hochleistungskeramik dar. Definierte Atmosphären und Temperaturfelder zur Einstellung gleichmäßiger Gefüge sowie die entsprechende Anpassung der Ofenkonstruktion sind ausschlaggebend für die Produktion qualitativ hochwertiger Bauteile.
Das Austreiben der organischen Inhaltsstoffe aus dem Grünkörper sollte separat vom Sinterprozeß durchgeführt werden. Der Ofen in Bild 20, der bis zu einer Maximaltemperatur von 650°C betrieben werden kann, wird zum Entbindern von Oxidkeramiken eingesetzt. Der Ofen ist mit einem semi-gasdichten Gehäuse ausgestattet und ermöglicht somit den Betrieb unter Schutzgas.

Bild 20: Entbinderungsofen (Foto)

Zur Optimierung der Temperaturverteilung (± 3 K und besser) und der damit verbesserten Entbinderung, wird dem Ofenraum eine bis auf maximal 360°C vorgewärmte Frischluft zugeführt. Über ein Öffnungssystem kann anschließend die mit den Bindergasen behaftete Abluft einer Abgasreinigungsanlage (Nabertherm KNV 300) zugeführt werden. Hier werden die dampfförmigen Kohlenwasserstoffe umweltgerecht in unschädliches Kohlendioxid und Wasser zersetzt.

Der keramische Brand oder auch die Sinterung führen zur Keramisierung des Bauteils. Während dieser Wärmebehandlung finden im Bauteilinneren physikalisch-chemische Vorgänge statt, bei denen es sich um Sinter-, Drucksinter-, Reaktionssinter- oder Infiltrationsprozesse handelt.

Im Hochtemperatur-Kammerofen in Bild 21 werden Oxidkeramiken bei 1700 °C gesintert. Der Ofen verfügt über eine Warmluftspülung. Über einen Luftkanal im Ofenboden wird die auf 200-300 °C vorgewärmte Luft in den Ofenraum geführt. Dadurch wird nicht nur eine optimale Temperaturverteilung erreicht, sondern auch der austretende Binder aus dem Ofenraum in den nachgeschalteten Katalysator geleitet. Um die Beschickung zu erleichtern, ist der Ofen an beiden Stirnseiten mit Türen ausgestattet.

Bild 21:            Kammerofen (Foto)
Herdwagenöfen werden im Chargenbetrieb über Herdwagen beladen. In Bild 22 ist eine Fertigungsstraße von Herdwagenöfen zum Sintern keramischer Schleifscheiben bei 1340 °C dargestellt. Jeder der Öfen verfügt über eine Fünf-Zonen-Regelung und ermöglicht damit eine sehr gute Temperaturverteilung im gesamten Nutzraum von 10,8 m3. Ein programmgesteuertes Kühlgebläse sowie automatische Abluftklappen verkürzen die Abkühlphase der Öfen.

Bild 22:            Herdwagenofen (Foto)
Haubenöfen sind prädestiniert für das industrielle Sintern von Keramiken. Durch elektrohydraulische oder elektrische Antriebe, die über SPS-Anlagen gesteuert werden, kann ein erschütterungsfreies Verfahren der Haube bei diesem Ofentyp und diffizile stabelbare Aufbauten realisiert werden. Durch Anheben der Haube ist nicht nur eine schnelle Bauteilabkühlung möglich; die Beschickung des Ofens kann darüberhinaus unter ergonomischen Gesichtpunkten stattfinden.
In Bild 23 ist ein Haubenofen zum Sintern von Oxidkeramik für Temperaturen bis 1750 °C dargestellt. Eine vierseitige Ofenbeheizung gewährleistet eine optimale Temperaturverteilung. Faserisolierungen aus Aluminiumoxid sorgen für schnelles Aufheizen und Abkühlen bei geringen Wärmeverlusten. Im doppelwandigen Gehäuse ist zusätzlich eine Gebläsekühlung installiert. Programmierbare Regelanlagen arbeiten mit Thyristorstellern und ermöglichen eine Regelgenauigkeit von ± 2 K.

Bild 23:            Haubenofen (Foto)

3.3.2   Metalle

Beim Glühen, das bei 600 – 1200 °C erfolgt, neigt Stahl zum Verzundern, zunderbeständige Werkstoffe laufen an. Daher werden Glühöfen vielfach mit Schutzgasatmosphären, mit Vakuum oder mit Salzbädern betrieben. Das Löten durch mittelbare Widerstandserwärmung kommt vor allem für hochwertige Teile und Massenprodukte zum Einsatz. Aufkohlen, Nitrieren und Karbonitrieren sind Oberflächenveredlungsverfahren, bei denen Schutz-, Kohlungs- bzw. Nitriergase oder aber Salze in den Öfen zum Einsatz kommen. In der Stahlindustrie dienen mittelbar widerstandsbeheizte Öfen dem Aufwärmen und Zwischenerwärmen. Auch Glühöfen kommen hier zum Einsatz.

Geringes Bauteilgewicht bei hoher Betriebssicherheit – ist beispielsweise die vorrangige Forderung an Werkstoffe in der Luft- und Raumfahrtindustrie, die durch Aluminiumwerkstoffe in hohen Maße erfüllt wird. Der Luftfahrzeugbau und die Raumfahrt wären ohne eine gezielte Wärmebehandlung der aushärtbaren Aluminiumlegierungen nicht denkbar.

Kammeröfen mit Nutzraumvolumina von bis zu mehreren tausend Litern werden den hohen Anforderungen der Luft- und Raumfahrtindustrie gerecht. Nach DIN 65570 ist eine optimale Temperaturverteilung beim Lösungsglühen und Warmausgelagern und eine gleichmäßige Aufheizung garantiert. Eine 5-seitige Beheizung in Verbindung mit Luftumwälzventilatoren und Luftleitblechen erreicht eine Temperaturverteilung von besser ± 3°C im gesamten Nutzraum. Die SPS ermöglicht die Steuerung aller für den Ofenbetrieb notwendigen Vorrichtungen.

Bild 24: Kammerofen (Foto)
Herdwagenöfen mit Luftumwälzung für das Glühen und Auslagern von Aluminiumbauteilen können für den Automatikbetrieb konzipiert und mit stufenlos geregelten Umwälz-Ventilatoren ausgestattet werden. Automatische Klappensteuerungen regeln die Frisch- und Abluftströme. Hubtüren mit pneumatischen Anpreßvorrichtungen als auch motorisch auf Schienen bewegte Herdwagen machen diese Ofentechnologie zu fertigungsintegrierten Wärmebehandlungsanlagen.

Bild 25: Vollautomatische Wärmebehandlungsanlage (Foto)
Gemäß DIN 65570 weisen diese Öfen bis zu einer Temperatur von 300 °C eine Temperaturverteilung von ± 3°C und oberhalb 300°C ± 5°C auf. Die gesteuerte Abkühlung dieser Öfen ist mit 30°C/h garantiert. Programm Controller regeln Prozeßstufen und ermöglichen in Kombination mit der SPS eine on-line Dokumentation des Prozesses.
Salzbadtechnik arbeitet heute weitestgehend abwasserfrei und damit umweltfreundlich. Die Vorteile liegen in der gleichmäßigen und schnellen Erwärmung der Bauteile, der einfachen Temperaturregelung und dem Luftabschluß der Werkstücke. Salzbadöfen zur Wärmebehandlung von Aluminiumflugzeugteilen haben ein Nutzvolumen von mehreren m³ und weisen Temperaturgenauigkeiten von besser ± 2°C auf.

Bild 26: Salzbadofen (Foto)

3.2.3   Glas

In der Glasindustrie kommen einige vorteilhafte Eigenschaften der mittelbaren Widerstandserwärmung besonders zum Tragen. Hierzu gehört zunächst die gute Regelbarkeit, die zu gleichmäßiger Glastemperatur und – viskosität während des Produktionsprozesses führt. Weiterhin kommt es nicht zu Verunreinigungen des Glases durch Verbrennungsprodukte oder zu erhöhtem Abdampfen infolge ständigen Austausches der Ofenatmosphäre, wie das bei brennstoffbeheizten Verfahren der Fall ist. Sehr vorteilhaft ist auch der mögliche schnelle Austausch von Heizelementen bei Wartungs- oder Reparaturarbeiten.

Bild 27: Quarzschmelzofen

3.2.4   Gießereitechnik

In Gießereien kommen verschiedene widerstandsbeheizte Schmelz- und Warmhalteöfen für Nichteisenmetalle zum Einsatz. Sie zeichnen sich vor allem durch gute Wirkungsgrade infolge guter thermischer Isolierbarkeit, sehr gute Temperaturregelung, lange Ofenlebensdauer und hohe Betriebssicherheit aus. Mit solchen Öfen können Schmelztemperaturen bis 1300 °C realisiert werden. Allerdings gehören die widerstandsbeheizten Schmelzöfen zu den langsamschmelzenden Aggregaten, da die Leistungsbeaufschlagung infolge der oben genannten Einschränkungen bezüglich der Heizelemente und durch den notwendigen Transport der Wärme von außen in das Schmelzgut begrenzt ist.

Bild 28: Schmelz- und Warmhalteofen (Foto)

3.2.5   Labor und Dentaltechnik

Eine Vielzahl unterschiedlicher Ofentypen werden für eine mindestens ebenso große Anzahl unterschiedlicher Anwendungen in der Labor- und Dentaltechnik eingesetzt: Angefangen bei Vorwärmöfen bis 1200°C, über Hochtemperaturöfen bis 1800°C, bis hin zu industriellen Anlagen zum Schmelzen von Dentalkeramik. Als thermische Anwendung ist vor allem das Erwärmen der Gießmuffel bis 750°C in Vorwärmöfen zu nennen, der vor dem Gießen von Zahnkronen notwendig ist. Das Einbrennen von Porzellanschichten auf Zahnkronen und –implantaten bei Temperaturen oberhalb von 1000°C wird in Öfen durchgeführt. Aluminiumoxid für Zahnprothesen wird in Hochtemperaturöfen bis 1600°C gesintert. Flourhaltige Dentalkeramiken werden in feuerbeton-ausgekleideten Öfen bis 1500°C gesintert.

Bild 29: Keramikschmelzofen (Foto)

Bild 30: Dentalofen (Foto)

3.3      Prozeßführung und Leistungsstellung

Eine für den effektiven Einsatz eines Ofens wichtige Komponente ist die Temperaturregeleinrichtung (Schalt- und Regelanlage). Diese Einrichtungen bestehen zunächst aus Temperaturfühlern, die im bzw. am Ofen angebracht werden. Die von diesen Fühlern erfaßten Werte werden sodann in den eigentlichen Regelgliedern verarbeitet. Diese bewirken über die Steuerung der dem Ofen zugeführten Leistung eine Verminderung oder Erhöhung der Ofentemperatur, je nach eingestelltem Sollwert und gemessenem Istwert.

Bild 31: Schalt- und Regelanlage eines Industrieofens (Foto)

Die Regelglieder können von einfachen Zweipunktreglern, die eine vorgegebene Ofentemperatur einhalten, über programmierbare Steuerungen mit Aufheiz-, Halte- und Abkühlintervallen bis zu vollautomatischen Prozeßsteuerungs- und Überwachungssystemen reichen, mit denen der Ofen in einen Fertigungsprozeß integriert wird. Mit den programmierbaren Steuerungen können auch Betriebsweisen wie das automatische Vorheizen vor Schichtbeginn, automatische Einhaltung von Absenktemperaturen an Wochenenden etc. realisiert werden, die letztlich zu einer besseren Auslastung des Ofens, höherer Energieeffizienz, vermindertem Personalaufwand und einer verbesserten Produktqualität führen. Die Öfen können je nach Anwendungsfall mit einem zugeschnittenen, zweckentsprechenden Regler ausgestattet werden.
Die für die Temperatursteuerung notwendige Leistungsstellung wird mit Hilfe von Stelltransformatoren, über Thyristorsteller oder andere statische Leistungssteller realisiert. Hierbei führen Innovationen im Bereich der Leistungselektronik zu kompakteren, leichteren und flexibler einsetzbaren Geräten, die zugleich sehr hohe Wirkungsgrade erreichen und eine optimale Ausnutzung der spezifischen Elementeigenschaften ermöglichen. Bei seriengefertigten, kompakten Öfen sind die Einrichtungen zur Leistungsstellung zumeist integriert, so daß diese einfach an das bestehende Energieversorgungsnetz angeschlossen werden können. Bei einigen Elementbauarten, z.B. bei den SiC-Elementen, ist bei bestimmten Verwendungsarten auch ein Direktanschluß ans Netz möglich.

Präzise Steuerungs- und Regelungssysteme des Temperaturverlaufs führen nicht nur zu einem gleichmäßigen Wärmebehandlungsergebnis, sondern schützen dabei auch die Heizelemente vor Überlastung und verlängern damit die Lebensdauer von Industrieöfen. Vor allem im Bereich der Steuerung und –Visualisierung von industriellen Wärmebehandlungprozessen hat es in den letzten Jahren wesentliche Verbesserungen gegeben.

Über einen Barcodereader oder über Tastatur können chargenspezifischen Daten für die Wärmebehandlung eingelesen bzw. eingegeben werden. Zusätzlich kann eine Datenbanksoftware mit allen erforderlichen Suchfunktionen installiert werden. PC-Panels stellen alle Meldungen auf dem Bildschirm und Drucker dar .
Im Rahmen der Qualitätssicherung und der Produkthaftung wird es in Zukunft immer wichtiger, die einzelnen Produktionsschritte und verfahren zu dokumentieren, um im Schadensfall den Nachweis führen zu können. Für industrielle Anlagenkonzepte, die aus mehreren Ofensystemen und einer kompletten Verfahreinrichtung bestehen, wird über eine geeignete Steuersoftware ein vollautomatischer Betrieb der Anlage und eine on-line Dokumentation aller Prozeßabschnitte realisiert

Bild 32: Prozeßvisualisierung

Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zeigen, daß unter Berücksichtigung der Investitionskosten, der Instandhaltungskosten (Ersatzteile und Wartung) und der Energiekosten, sich bei Anschaffung vollautomatischer Wärmebhandlungsanlagen ein Kostenvorteil von bis zu 70 % zu erreichen ist.
Die Steuerung mehrzonig beheizter Öfen erfolgt über eine entsprechende Anzahl an Führungsreglern, die über einen Hauptregler an den gewünschten Temperaturverlauf geregelt werden. Die Software erlaubt eine auf die Anforderungen des Anwenders angepaßte Darstellung und Dokumentation aller relevanten Prozeßparameter und ermöglicht eine Dokumentation nach ISO 9000.

4.         Bewertung und Vergleich

Die mittelbare Widerstandserwärmung steht je nach Anwendungsfall mit verschiedenen anderen Erwärmungsverfahren in Konkurrenz. Daher lassen sich im Rahmen dieses Beitrages nicht alle möglichen Vergleiche zu anderen Erwärmungsverfahren mit den jeweils spezifischen Vor- und Nachteilen darstellen. Statt dessen wird ein allgemeiner Überblick über Vor- und Nachteile der Widerstandserwärmung gegeben, der für alle Einsatzfälle gilt.

Zu den Vorteilen aus technischer Sicht gehört vor allem, daß die mittelbare Widerstandserwärmung für nahezu alle Werkstoffe eingesetzt werden kann, unabhängig von den Werkstoffeigenschaften. Dabei unterliegt die geometrische Gestalt der Werkstücke kaum Einschränkungen. In geschlossenen, mittelbar widerstandserwärmten Öfen lassen sich kontrollierte Prozeßatmosphären realisieren. Zuverlässige und einfache Konstruktionen gewährleisten eine hohe Betriebssicherheit und Zuverlässigkeit, so können Heizelemente bei entsprechender konstruktiver Auslegung auch während des laufenden Betriebes gewechselt werden. Die Bedienung gestaltet sich mittels entsprechender Bedien- und Steuereinrichtungen sehr einfach. Die Temperaturen in den Öfen sind sehr präzise regelbar, eine Automatisierung der Anlagen ist leicht möglich. Die Öfen sind je nach Ausführung flexibel einsetzbar. Bei in Leichtbauweise ausgeführten Öfen werden dabei auch noch die zwischen einzelnen Zyklen liegenden Zeiten minimiert, was zusätzliche Vorteile hinsichtlich der möglichen Auslastung des Ofens bringt. Schließlich sind die mittelbar widerstandsbeheizten Öfen einfach de- und remontierbar, alle Peripherieeinrichtungen können einfach verlegt werden. Lediglich ein Energieanschluß muß am Aufstellungsort verfügbar sein.

In wirtschaftlicher Hinsicht zeichnen sich die mittelbar widerstandsbeheizten Öfen durch geringe Investitionskosten aus, die Betriebskosten sind niedrig, der Einsatz der Öfen sehr flexibel und die Zuverlässigkeit sehr hoch. Mittelbar widerstandsbeheizte Öfen bedürfen als Elektroöfen keiner speziellen Genehmigung, wie sie für die Aufstellung brennstoffbeheizter Öfen erforderlich ist. Es sind keine besonderen Fundamentarbeiten und kein Schornsteinanschluß notwendig. Zudem zeichnen sich die Anlagen zur mittelbaren Widerstandserwärmung durch eine lange Lebensdauer aus. Im Hinblick auf den Umwelt- und Arbeitsschutz sind insbesondere die geringe Lärm- und Wärmebelastung am Anwendungsort zu nennen. Zudem treten hier keine Emissionen von Brennstoffabgasen auf.

Neben diesen Vorteilen gibt es auch einige Nachteile der mittelbaren Widerstandserwärmung, die je nach Anwendungsfall berücksichtigt werden sollten. Dazu gehört zunächst, daß die installierbare Leistung begrenzt ist. Dies wurde anhand der Ausführungen zu Element- und Wandbelastung bereits deutlich. Zudem sind die Kosten für den Endenergieträger elektrische Energie vergleichsweise höher als diejenigen von Gas oder anderen fossilen Brennstoffen. Einige Heizelementwerkstoffe sind gegenüber bestimmten Ofenatmosphären empfindlich, bei brennstoffbeheizten oder unmittelbaren Erwärmungsverfahren, bei denen keine Heizelemente in der Ofenatmosphäre angeordnet sind, besteht diese Einschränkung nicht. Wirtschaftlich nachteilig kann eine eventuell notwendige Erhöhung der Anschlußkapazität und die zusätzliche Errichtung einer Trafostation bei der Neuaufstellung einer Anlage zur mittelbaren Widerstandserwärmung sein.

5.         Zusammenfassung

Die mittelbare Widerstandserwärmung zeichnet sich dadurch aus, daß die Wärme außerhalb des zu erwärmenden Gutes in Heizelementen durch Umwandlung elektrischer Energie erzeugt wird. Diese Wärme wird dann durch Wärmeübertragung über die Oberfläche des Gutes in dieses eingebracht. Die mittelbare Widerstandserwärmung findet zumeist in Öfen statt, die in vielfältigen Bauformen auf den jeweiligen Anwendungszweck abgestimmt sind. Bei der mittelbaren Widerstandserwärmung können Temperaturen bis über 2000 °C erreicht werden.

Die Art des zu erwärmenden Werkstoffes und die Geometrie der Werkstücke unterliegen kaum Einschränkungen. Anlagen zur mittelbaren Widerstandserwärmung lassen sich gut regeln und automatisieren, sind sehr zuverlässig und betriebssicher. Die geringen Investitions- und Betriebskosten sowie die erreichbare ausgezeichnete Produktqualität stellen wichtige wirtschaftliche Vorteile beim industriellen Einsatz dar. Neben einer breiten Palette von Standardöfen sind auch individuelle Lösungen für spezielle Erwärmungsprobleme lieferbar.

Die mittelbare Widerstandserwärmung ist ein seit langem eingeführtes Verfahren. Dennoch oder gerade durch die umfangreiche Kenntnis zu seiner Technologie ermöglicht es nach wie vor innovative Anwendungen. So ist beispielsweise die Herstellung mikroelektronischer Schaltkreise ohne mittelbar widerstandserwärmte Öfen nicht denkbar. Bei den Anlagen selbst gibt es neben dem optimalen Einsatz moderner Werkstoffe vor allem durch bedienungsfreundliche Schalt- und Regelgeräte sowie durch flexible, moderne Automatisierungs- und Energieversorgungseinrichtungen permanente Verbesserungen, die zu noch besseren Produktionsergebnissen beim industriellen Einsatz der Anlagen führen.


  1. 6.            Literatur

[1]        Rudolph, M. und Schaefer, H.: Elektrothermische Verfahren, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1989
[2]        Mühlbauer, A.: Industrielle Elektrowärmetechnik, Vulkan-Verlag, Essen, 1992
[3]        Brunklaus, J. H. und Sepanek, F.: Industrieöfen, Vulkan-Verlag, Essen, 6. Auflage, 1994

[4]        Kanthal Handbuch Heizleiterlegierungen für Industrieöfen, Kanthal AB, Ljungföretagen, Örebro, Schweden, 1988
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